Škoda blue and the black legged Jesus, Mäkkelä bringt neues Album heraus

von Richard Limbert

Der Singer-Songwriter Mäkkelä ist mir beim letzten Rudolstadt-Festival bereits gemeinsam mit The Black Elephant Band am Saalestrand über den Weg gelaufen. Der Auftritt der beiden war, trotzdem Fußball-EM Spiel im Hintergrund, ein Erlebnis. Ich war mit 18/19 oft im Folk Club Bonn unterwegs und da gab es hier und da genau solche Typen: düstere Songs über Schnaps und Tod gesungen in Kombination aus Cowboyhut und Anzug in dem sich irgendwo eine hagere Gestalt verbarg. Fand ich immer toll. Das waren weniger Musiker, die man live gesehen hat, das waren Musiker, die einem eher passiert sind, bei denen man sich Tage nachher noch gefragt hat, ob man nicht irgendeinen Fiebertraum hatte.

Nun brachte am 8.10. der selbst-beschriebene  Singer, songsmith, writer, storyteller, smoker, performer und touring musician Martti Mäkkelä sein neues Album raus: Škoda blue and the black legged Jesus.

Škoda blue and the black legged Jesus

Wie sein Auftritt letzten Sommer schon zeigen konnte, mischt der in Franken lebende Musiker seine eigenen Kompositionen in alter Folk-Manier gekonnt mit düsteren alten Folk- und Country-Songs. Eine düstere Aura umgibt sein musikalisches Schaffen definitiv und eine gesunde Abkehr von klassischen Genregrenzen rundet alles noch einmal ab. Ein Musiker, der ohne viel Brimborium die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen kann, das schafft nicht jeder. Man kann sich Mäkkelä sowohl in einer vollgerauchten Kneipe vorstellen, in denen ein Publikum (bestehend aus vier mittelalten Männern) mit gläsernem Blick über’m Bier hängt, aber auch in einer vollen Konzerthalle mit aufmerksamen Konzertgängern in Abendkleidung.

Auf seinem neuen Album beginnt Mäkkelä bereits mit einem weniger bekannten Folk-Song: Higher Germanie ist schon in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts schon von Cecil Sharp aufgezeichnet worden und handelt von einem Soldaten der seiner Geliebten erzählt, er will im Süden Deutschlands im Krieg zu kämpfen und nimmt sie gleich mit. Mit tragendem Cello und gezupftem Banjo hat man einen makabre, skelettartigen Kriegsmarsch vor sich der eine Hommage an die herbstliche Welt des Gothic darstellt. Und hier zeigt sich schon: dieses Album ist eins für die dunkle Jahreszeit, in der man sich neben Nick Drake und Jackson C. Frank eben auch dieses Album bei Kerzenlicht anhören kann.

Der Titeltrack Škoda Blue ist schon eine sentimentale Coming-of-Age Ballade, die irgendwie fast eine moderne Version von Higher Germainie ist und eben Liebe in Zeiten des Wandels mit Slide-Gitarre zeichnet. Die Stimme von Mäkkelä zeigt sich punkig-folkig und reif. Passt soweit gut zu den Titeln. Und die Wandelbarkeit von Folk-Songs wird hier auch noch präsent: Was unterscheidet die junge Liebe im 19. Jahrhundert schon von der von heute?

Der Titel Golden Age of Bloodshed klingt schon ein bisschen nach frühem und spätem Dylan zugleich. Hier hat man zum Beispiel eine Assoziation zu Masters of War mit dem düsteren Sound von Time Out of Mind. Und natürlich ist da auch Sozialkritik dabei. Hometown klingt währenddessen ein bisschen nach Ray Davies und den Songs über das britische Landleben aus den späten 60ern (z.B. Village Green, the Kinks). Prinzipiell hat es hier wohl viel mit Jugend, Herkunft und Vergangenheit auf sich. Romantisierend und trotzdem nicht immer optimistisch geht der Blick über die Schulter (Stupid & Innocent Years) und klingt dabei unter anderem wie ein alter Folk Song aus dem Roud Index.

(Im Vordergrund: Mäkkelä, beim Rudolstadt-Festival 2024, Foto: Shi.Fauzia)

Jihad klingt auffallend modern. Ein sphärischer Song mit etwas flotterem Drive. Handclaps bringen die Prise Paranoia in den Track. Die E-Gitarre kreischt schon fast. Trotzdem fügt der sich ganz gut ins Gebilde des Albums ein. Etwa ruhigere Töne schlägt dann Final Call for the M und Xmas Meltdown an. Beides sind getragene Balladen. Xmas Meltdown ist dabei ein schöner dunkler Weihnachts-Folksong über Melancholie, Freud und Leid der Weihnachtszeit. Und alles ohne Kitsch. Die wenigen Weihnachtsglöcklchen, die es hier gibt, sind die tief in den Hintergrund gemischt.

Apokalyptisch ist dann Black Legged Jesus und bringt etwas Energie zum Ende des Albums. So ein bisschen ein Rockabilly in Moll. Schlussendlich ein weirder Song über einen schwarzbeinigen Jesus, eigentlich ein Betrüger mit entzündetem, gebrochenem Bein der Hippies über den Tisch zieht und auf dem Jahrmarkt arbeitet. Diane als Album-Abschluss hingehen ist schon fast eine Folk Power-Ballade. Eigentlich von Punk- und Alternative-Rock Kult-Band Hüsker Dü als früher Song aus den 80ern über einen grausamen Mordfall in St. Paul, Minnesota aus Sicht des Mörders. Alles wirklich düster. Aber als Titel wirklich sehr gefühlvoll und bildet einen dramatischen Abschluss. So wird das Album dramatisch eingerahmt von den zwei Stücken, die nicht aus der Feder Mäkkelas selbst stammen und über Tod und Liebe singen.

Fazit

Was ist von Škoda blue and the black legged Jesus nun zu halten? Ich glaube, das Album spricht eine einheitliche Sprache und ist als gesamtes Album schon ein gutes Hörerlebnis. Vor allem Fans von dunklerem Folk werden hier gern die Nadel auf die Platte legen.

Ästhetisch hört man hier eine Art Doom-Folk der keine Nationalität kennt. Trotzdem hat es etwas aus einem Horror-Westernfilm. Eine gewisse Liebe zu den Vereinigten Staaten und ihrer Musikkultur ist nicht zu übersehen. Auch sind die Songs nicht so lang und man hat nicht das Gefühl, irgendwie Selbstbeweihräucherungen beizuwohnen. Gefällt mir. Ich glaube prinzipiell, Mäkkelä ist auf einer Reise und nimmt uns eben mit auf seinen nächsten Trip. Ob es uns gefällt ist unsere Sache, ich denke aber, Mäkkelä bereitet uns ein gutes Bett in das wir uns diesen Herbst und Winter legen können.

Ein Kommentar

Hinterlasse einen Kommentar