Ein paar Fragen an David Lübke

von Richard Limbert

Unser Autor Richard Limbert hat David Lübke, wie im Festivalbericht zulesen, auf dem Rudolstadt-Festival 2024 erlebt. Hier konnte er ihm ein paar Fragen stellen.

(David Lübke auf dem Rudolstadt-Festival 2024, Foto: Shi.Fauzia)

Key West:

Wie bist du zum Folk gekommen?

David Lübke:

Ich komme aus einer musikalischen Familie und hatte als Kind schon immer viel Musik um die Ohren. Das Interesse an Folkmusik kam bei mir dann zu Schulzeiten, als ein Lehrer (Philipp Schmidt-Rhaesa) CDs von Bob Dylan, Woody Guthrie, Joan Baez und co. in den Unterricht mitgebracht hat.
Vorher hatte ich sowas nie gehört… Die Verbindung von Aussage, Poesie, Musik und den perfekt-unperfekten Gesangssstimmen fand ich magisch. Ein paar Tage später kaufte ich mir dann meine erste Gitarre. Als ich ein paar Akkorde draufhatte, fing ich gleich an selbst zu schreiben, natürlich auf Deutsch, der Sprache in der ich denke und in der ich am freisten meine Gedanken ausdrücken kann.
Nach der Schule dann mit der Gitarre auf die ersten längeren Reisen: Per Anhalter nach Frankreich, Fähre nach Irland, tingeln und singen auf den Straßen und in den Kneipen. Dort habe ich viel gelernt von anderen Folkies: Zupftechniken aller Art, Banjospielen, hunderte von Liedern… auch kam ich dort in Berührung mit irischen Musikern wie Paul Brady, Seán Garvey, Gerry O‘Beirne, Mary Black, die mich damals sehr geprägt haben. Vor kurzem bin ich das erste Mal nach Amerika gereist und war dort in den Südstaaten unterwegs. Auch hier habe ich neue Spieltechniken und Anregungen gesammelt.

KW:

Ich habe dich frisch auf dem Rudolstadt-Festival erlebt, wie du das Publikum mit deiner Mischung aus deutschem und US-Folk begeistert hast. Ihr hattet ja nun wirklich mehr als nur einen Auftritt in Rudolstadt. Das stelle ich mir recht stressig vor. Kann man da die anderen Acts noch genießen? Wie hast du das Festival dieses Jahr wahrgenommen?

(David Lübke auf dem Rudolstadt-Festival 2024, Foto: Shi.Fauzia)

DL:

Ich finde es großartig – wie in Rudolstadt – mehrere Auftritte auf einem Festival zu haben. So kann man jedes Mal etwas anders machen: andere Setlist, Gäste auf die Bühne holen, mit dem Publikum singen. Es befreit, wenn nicht der ganze Fokus auf einem Set liegt.
Wenn ich auf einem Festival gebucht bin, versuche ich immer das ganze Wochenende dazubleiben und auch andere Konzerte als Zuhörer zu genießen. In Rudolstadt haben mir die Düsseldorf Düsterboys, Eric Bibb und Yagody sehr gefallen. Auch war ich natürlich bei meinen Freunden von den Henhouse Prowlers aus Chicago…

KW:

Wie siehst du derzeit die Lage der Folk-Musik in Deutschland? Gibt es sowas wie ein kleines Revival? Ich merke in Leipzig schon ein bisschen, dass vielleicht seit 5 Jahren vor allem US-amerikanische Roots Musik im Kommen ist.

DL:

Ich denke, musikalische Entwicklungen und Trends kommen oft in Wellen. Die letzten Jahre bzw. Jahrzehnte wurde die Musik in vielen Bereichen elektronischer. Vielleicht ist ein gewisser Punkt erreicht, wo elektronische Klänge sich abgenutzt haben und akustische Instrumente wieder eine neue Frische bringen, die die Menschen begeistern kann. Insofern steht einem neuen Folkrevival nichts im Wege!
Auch beobachte ich, dass viele junge Leute wieder die alte „Familiengitarre“ vom Dachboden holen und Freude am Spielen entwickeln, wie auch am gemeinsamen Singen. Es ist einfach ein unglaublich erfüllendes Erlebnis mit den eigenen Händen und eigener Stimme Musik zu machen. Eine Form der Selbstwirksamkeit, die in vielen Lebensbereichen den Menschen abhanden geht…
Auch erlebe ich ein wachsendes Interesse an Volkstanz-Abenden (Balfolk). Eine schöne Alternative zu isoliertem Rumgehopse in der Innenstadt-Disco!

KW:

Wie bist du an Bob Dylan gekommen? Was waren deine ersten Eindrücke? Was deine Lieblingsalben? Was fasziniert dich an ihm?

DL:

Dylan ist für mich ein wahnsinnig facettenreicher Künstler. Sehr wandlungsfähig, sehr amerikanisch, geheimnisvoll…
Ich hatte alle frühen Alben, von „Freewheelin‘“ bis „John Wesley Harding“. Danach habe ich auch spätere Werke wie „Time out of mind“ und „Tempest“ entdeckt, die mir sehr gefielen. Für mich ist das schönste Video im ganzen Youtube-Universum Dylans „Mr. Tambourine Man“ 1964 live beim Newport Folk Festival!

KW:

Du hast im Konzert erzählt, dass du früher auch Donovan-Songs gespielt hast. Finde ich spannend, ich hatte da auch meine Phase und höre bis heute noch gerne in paar Alben. Was findest du bei ihm am spannensten? Hast du noch andere Folk-Tipps für uns?

DL:

Ich liebe Songs wie „Catch the Wind“, „Universal Soldier“, „London Town“… Donovan ist einfach ein toller Poet mit einer ganz eigenen Stimmfarbe. Bestimmt auch der bessere Gitarrist als Dylan. Beim Musikhören geht es mir immer um das Gefühl. Donovan weckt bei mir andere Gefühle als Joni Mitchell, John Prine oder Nick Drake. Mir gefällt das Wahrhaftige in einer Performance und danach suche ich bei Konzerten und im Schallplattenregal. Hier eine bunte Mischung an Musiker*innen die ich toll finde (mit Albumempfehlung):
Paul Brady – Andy Irvine/Paul Brady
Adrianne Lenker – Bright Future
Zupfgeigenhansel – Volkslieder 1 bis 3

KW:

Wie gehst du ans Songwriting ran? Guckst du einfach wie die Muse dich küsst oder hast du eine Strategie um mal aus den Puschen zu kommen? Ich zum Beispiel muss mich da oft ziemlich in den Hintern treten.

DL:

Die Wahrheit ist: ich habe kein Rezept. Jedes Lied kommt anders zu mir. Mal finde ich eine interessante Melodie auf der Gitarre, mal finde ich ein Textfragment und baue es aus, mal kommt beides zusammen.
Statt einer konkreten Schreibtechnik, gilt für mich eher, mich in lebendige Lebenssituationen zu begeben die intensive Gefühle in mir hervorrufen. So werde ich oft zum Schreiben gezwungen!
Das kann auf Reisen geschehen, aber auch im Alltag, etwa beim Eintauchen in ein Buch oder ein Gespräch. Da bleibt dann etwas hängen was ich noch ein paar Tage mit mir rumtrage und manchmal reift dann ein Gedanke zu einem Lied.
Ab und zu treffe ich mich auch mit befreundeten Liedermacher*innen in einem alten Haus in der Lüneburger Heide zu einer Schreibzeit. Da widmen wir uns gemeinsam verschiedenen Themen, improvisieren und schmeißen uns die Zeilen zu. Das ist sehr inspirierend. Da sind tolle Leute bei wie Pernilla Kannapinn, Max Prosa oder Stefan Ebert.

KW:

Was gibt es für Aussichten für dich? Neue Projekte, Tourneen etc.?

DL:

Aktuell arbeite ich an einem neuen Album das im Frühjahr 2025 erscheinen soll. Es ist ein Solo Album. Nur Stimme und Gitarre, alles live eingespielt ohne Schnitte. Ich hatte schon länger Lust darauf ein klassisches Liedermacher-Album zu machen, ganz reduziert, wo die Melodien und Texte im Mittelpunkt stehen. Es ist sehr lebendig in dieser Schlichtheit. Außerdem haben wir mit einer alten „Studer“ Bandmaschine gearbeitet und der Klang ist unwiderstehlich warm. Das Album wird „Wo der Mond die Erde küsst“ heißen.

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